“Seit der Jahrtausendwende bereiten sich Debrecen und der Industriepark Debrecen bewusst darauf vor, ein ideales Investitionsziel für westliche Investoren, einschließlich deutscher Investoren, zu werden. Um erfolgreich zu sein, mußte die Stadt auch die nötige Infrastruktur und qualifizierte Arbeitskräfte sowie die Lebensqualität bieten, die Manager aus entwickelten Ländern erwarten”, sagt István Herdon, Eigentümer der Xanga-Gruppe.
– Damit Debrecen im Kampf um Investoren mit Budapest konkurrieren kann, mußte zunächst die richtige Verkehrsinfrastruktur geschaffen werden, erklärt István Herdon. Er erinnert sich, daß es bis zur Fertigstellung der Autobahn M3 eine große Herausforderung war, Investoren, die im Budapester Flughafen angekommen sind, zu überzeugen, warum sie sich in Debrecen statt in Budapest ansiedeln sollten. Später wurde die Autobahn auch bis zur Hauptstadt der Region Tiszántúl ausgebaut. Und die Xanga-Gruppe hat neben dem Regional- und Innovations-Industriepark Debrecen, der inzwischen den Rang „Wissenschafts- und Technologiepark“ erhalten hat, dazu beigetragen, durch den Aufbau und Betrieb vom Flughafen Debrecen internationale Unternehmen mit modernsten Technologien nach Debrecen zu locken.
Dem Geschäftsführer nach vor zwei Jahrzehnten, als der Industriepark ins Leben gerufen wurde, eine etwa gleichmäßige Zusammensetzung aus EU-, nicht EU-europäischen und US-amerikanischen Unternehmen herrschte, überwiegen seit 2015 eindeutig die deutschen Unternehmen. Das liegt nicht nur daran, daß Mitte der 2000er Jahre die Autobahn die Stadt erreicht hatte und die meisten Zulieferer, die den Autofabriken nach Ungarn folgten, deutsche Unternehmen waren. Die Tatsache, daß Lufthansa im Frühjahr 2016 vom Flughafen Debrecen, der 2004 den Status eines internationalen Flughafens erhielt, mehrere Direktflüge pro Woche nach München betrieb, wirkte auch attraktiv. Als damaliger Betreiber des Flughafens spielten István Herdon und sein Expertenteam auch eine wichtige Rolle dabei, dass die deutsche national Fluggesellschaft eine Chance im Regionalbetrieb in Debrecen sah.
“Wir haben uns einen alten Traum erfüllt, indem wir die Lufthansa davon überzeugt haben, daß es sich lohnt, einen Direktflug nach Debrecen einzurichten. Einerseits war dies für die Stadt und die Region wichtig, weil damit eine direkte Luftbrücke nach Deutschland, unserem wichtigsten Handelspartner, geschaffen wurde. Anderseits ist die Lufthansa ist eine traditionelle Fluggesellschaft mit internationalem Netz und Schwerpunkt auf Geschäftsreisen, die – nach dem Konkurs der Malév – die Welt direkt von Debrecen aus durch Umsteigen in München eröffnete. Dieser Start hatte zwei Seiten: Während die Umfrage der Fluggesellschaft zeigte, daß es eine ausreichende Nachfrage für die Region Debrecen gab, stieg das deutsche Interesse an den Flügen auch durch die Nachricht, daß eine Direktverbindung nach München eingerichtet wurde”, argumentiert István Herdon. Ihm zufolge hat auch die Lufthansa ihre Flüge nach Debrecen wegen der Covidenepidemie gestrichen, aber es gibt Informationen, daß die Verbindungen nach München im Frühjahr wieder gestartet werden.
Nach Ansicht des Eigentümers der Xanga Group ist die Tatsache, daß die neu angesiedelten Unternehmen eine Vielzahl von Branchen repräsentieren, eine gute Nachricht für den Industriepark und die Stadt. Automobilzulieferer und Maschinenbauunternehmen sind in der Mehrzahl, aber auch die IT- und Logistikbranche zeigt wachsendes Interesse an den Möglichkeiten in Debrecen.
“Wenn ich deutsche Unternehmen mit anderen vergleichen sollte, liegt der größte Unterschied wahrscheinlich darin, daß deutsche Unternehmen mehr Berater in die Vorbereitungsprozesse einbeziehen und sorgfältiger planen, sich mehr Zeit nehmen und mehr finanzielle Reserven haben. Sie neigen auch dazu, in Meilensteinen zu denken und erst dann voranzugehen, wenn diese erreicht sind. Aber wenn der Markt es erfordert, können sie sich schnell ändern. Ein gutes Beispiel ist die Bürkle-Gruppe: 2019 hat das führende deutsche Maschinenbauunternehmen im Industriepark Debrecen sein erstes europäisches Werk außerhalb Deutschlands mit einer Erstinvestition von 2 Millionen Euro und modernster Technologie errichtet. Danach haben wir nur noch über die zweite Entwicklungsphase gesprochen, während die dritte noch in weiter Ferne lag, als der Auftragsbestand des Unternehmens während der COVID Pandemie so stark anstieg, daß wir jetzt die zweite und dritte Entwicklungsphase gleichzeitig durchführen”, erklärt der Unternehmer.
Es sei kein Zufall, daß BMW, eine der Flaggschiffe der deutschen Automobilindustrie, ebenfalls beschlossen habe, sich in Debrecen niederzulassen, was weitere deutsche Zulieferer in die Region bringen werde. Damit jedoch das hochqualifizierte mittlere Management und die Ingenieure, die eine entscheidende Rolle bei den Entscheidungen und im Betrieb der großen Unternehmen spielen, das Potenzial der Region Debrecen erkennen, muß die Stadt auch für Ausländer attraktiv sein, so István Herdon. Aus diesem Grund hat Debrecen in den letzten Jahrzehnten große Anstrengungen unternommen, um die international erwartete Lebensqualität zu schaffen, einschließlich der Entwicklung der städtischen Infrastruktur, des kulturellen Lebens und der gastronomischen Kultur. Ebenso wichtig ist jedoch die Schaffung deutschsprachiger Bildungseinrichtungen – Kindergärten, Grund- und weiterführende Schulen -, die heute nicht nur hochqualifizierte ausländische Fachkräfte, sondern auch deren Familien ermutigen, sich in Debrecen niederzulassen.
Zoltán M. Érsek